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HSP und die Natur

Aktualisiert: 2. Dez. 2020

Es gibt da ein Hindernis in der Literatur über Hochsensibilität, über das ich immer wieder stolpere. In vielen Büchern über hochsensitive Menschen liest man Folgendes:


HSP sollen sich möglichst viel in der Natur aufhalten. Natur tut HSP gut. Um ihr überreiztes Nervenkostüm zu erden, raus raus raus mit ihnen ins Freie.


Dem kann ich mich nicht aus Überzeugung anschließen. Natur ist für mich ein regelrechtes Ereignis, randvoll mit Energien, Schwingungen und deshalb ein wahres Fest für die Sinne. Sie hat die Fähigkeit, jede meiner Stimmungen zu verstärken, also werde ich mich hüten, ausgerechnet dann einen Waldspaziergang zu machen, wenn ich gerade reizüberflutet oder emotional aufgewühlt bin. Doch meistens fühle ich ihre Macht auch einfach so. Begebe ich mich an die Ufer des Sees, in dessen Nähe ich lebe, spüre ich sein Atmen, die Kraft der Wellen, und dies erzeugt einen inneren Sog, mich an etwas zu erinnern, das jenseits meines Bewusstseins liegt. Schwer in Worte zu fassen, weil es reine Emotion ist. Das ist wunderschön, aber Entspannung geht anders.

Ich habe größten Respekt vor der Pflanzenwelt. Wenn sie aufwartet mit Landschaften, die einem den Atem rauben inklusive ihrer majestätischen Bewohner, habe ich nasse Augen und ein weites Herz. Aber nie, wirklich NIEMALS würde ich sie als Ressource nutzen, um meine Reizverarbeitung zu managen.


Ich gehe sogar so weit zu sagen, dass ich das viel besser in einer Fußgängerzone einer Stadt schaffe. Mir ist klar, damit werfe ich ganze HSP-Studien über den Haufen, aber inmitten einer Schar anonymer Menschen, die mir nicht nahe kommen, kann ich ganz bei mir ankommen. Menschen blende ich leichter aus als die machtvollen Schwingungen von Mutter Erde.


Als HSP bin ich aber natürlich immer wieder gerne für mich alleine, daraus schöpfe ich Kraft und Energie. Doch wenn weit und breit nur Natur um mich ist, ohne Begrenzung, kann sich das wie Einsamkeit anfühlen – oder vielleicht sollte ich sagen: Ich fühle mich klein und wehrlos in Anbetracht der Größe, die mich umgibt. In eine Landschaft begebe ich mich, um mich von ihr beeindrucken zu lassen, um zu fühlen, woher ich komme, und um mich mit dem Leben zu verbinden – aber nicht, um mich zu erholen. Das kann ich woanders leichter und besser.


Deshalb sollte man nicht alle HSP in einen Topf werfen und die Natur als Erdungsressource fix ins Feld führen. KANN sein, muss nicht. Für mich waren es immer eher Städte mit beeindruckender Architektur und atmosphärischen kleinen Kaffeehäusern, also sollten auch die in die Ratgeberliteratur aufgenommen werden!


Jedoch besteht Natur nicht nur aus Flüssen, Bergen und Wäldern, da gibt es noch ihre Bewohner, die Tiere. Die Fauna ist ein magisches Stück Natur voll Leben und Liebe. Von diesen Kraftwesen kann man sich ein großes Stück davon holen, die Energie der wunderbaren Geschöpfe ist Balsam für ein überreiztes Nervenkostüm.

Es ist also vollkommen in Ordnung, wenn's einen nicht raus treibt. Kuschelt euch stattdessen an den Hund, beobachtet einen Vogel, lasst das Schnurren einer Katze auf eure Hand übergehen. Oder setzt euch barfuß in den Schaukelstuhl, taucht über Kopfhörer in den Gesang von Walen ein, seht dabei dem Flug der Wolken zu und holt euch so die Kraft der Natur in eure geistige Welt.

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