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Mein hochsensitives Schulkind

Aktualisiert: 28. Juni 2023

Meine älteste hochsensitive Tochter ist jetzt 9 ½ Jahre alt und wird mit Beginn der Sommerferien ihr drittes Volksschuljahr abschließen.

Viele positive Eigenschaften hochsensibler Kinder kommen erst im Schulalter zu voller Geltung. Als meine Tochter im letzten Kindergartenjahr war, blühte sie mehr und mehr auf und freute sich riesig auf die Schule. Wie die meisten hochsensitiven Kinder zeigte sie sich sehr wissbegierig und kreativ, brachte sich eigenständig schon vor dem Schulstart die ersten Buchstaben und Zahlen bei und begann, ihre Talente im Malen und im Sport zu entfalten. Mittlerweile hat sie gelernt, sich in den meisten Situationen selbst zu regulieren. Sie zieht sich in ihr Zimmer zurück, wenn wir Eltern oder die Geschwister ihr auf die Nerven gehen, es ihr zu laut ist im Haus oder sie Ruhe braucht. Sie bricht nur noch selten in Tränen aus und in sozialen Gruppen traut sie sich, ihre Meinung zu sagen und zu sich selbst und ihren Bedürfnissen zu stehen. Sie wagt sich jetzt auch in die meisten neuen Situationen hinein, wobei es ihr meistens sogar gelingt, auftretende Probleme selbst zu lösen.

Trotzdem gibt es auch im Schulalter noch zahlreiche Situationen, die für mein HSK eine Herausforderung darstellen:


Anziehen u.ä.: Viele HSK wollen alles selbst entscheiden, z.B. was sie in der Früh anziehen. In der Situation selbst fällt es ihnen dann jedoch schwer, eine Entscheidung zu treffen. So fragt mich meine Tochter nicht selten: „Mama, soll ich diese oder jene Hose anziehen? Die eine ist schon verwaschen, aber die andere ist nicht so bequem. Welche ist besser?“ Selbst so scheinbar kleine Dillemata können hochsensitive Kinder unfähig machen, eine Entscheidung zu treffen und dazu führen, dass sie in Tränen ausbrechen.

Tipp für Eltern: Unterstützt euer HSK dabei, selbst entscheiden zu lernen!


Zu-Bett-Gehen: HSK brauchen viel Schlaf. Manche HSK gehen abends freiwillig ins Bett (so wie meine Tochter, weil sie einfach kein Abendmensch sondern eine „Lerche“ ist), andere haben Sorge, noch etwas zu versäumen und würden bei alleiniger Entscheidung viel zu wenig Schlaf bekommen.

Tipp für Eltern: Erklärt eurem hochsensiblen Kind warum gerade für HSP ausreichend Schlaf so wichtig ist und beginnt abends RECHTZEITIG mit der Abendroutine! (Oft fallen hochsensitiven Kindern kurz vor dem Zu-Bett-Gehen noch jede Menge Dinge ein, die noch erledigt oder erzählt werden müssen.)


Umgangsformen: HSK neigen dazu, von ihrer eigenen Meinung überzeugt zu sein und wirken auf andere daher manchmal „belehrend“ oder „besserwisserisch“.

Tipp für Eltern: Bringt eurem HSK bei, tolerant zu sein! Seid ein Vorbild im sachlichen Ausdrücken eurer eigenen Meinung und wahrt gleichzeitig den Respekt vor einem möglichen anderen Standpunkt eurer Mitmenschen!


Verstöße gegen Vereinbarungen: Wenn meine Tochter gegen eine Vereinbarung verstößt oder ein unerwünschtes Verhalten zeigt, liegt es meistens entweder daran, dass sie in der Situation überfordert oder überreizt ist oder dass etwas Unangenehmes vorgefallen ist (wobei HSK ihr Erleben dann oft für sich behalten und von sich aus nicht erzählen möchten, was los ist, weil sie sich schuldig oder unwohl fühlen).

Tipp für Eltern: Macht eurem HSK in unerwünschten Situationen erst einmal keine Vorwürfe (HSK sind sich selbst die „strengsten Richter“!) Hört ihm aufmerksam zu, um zu erfahren, was sich hinter dem ungewöhnlichen Verhalten verbirgt.


In der Schule:

Wenn HSK ihre Lehrerin/ihren Lehrer mögen und sich in der Klasse wohl fühlen, sind sie meistens ausgezeichnete SchülerInnen, bringen oft überdurchschnittliche Leistungen und lernen gern. (So war und ist es zum Glück auch bei meiner Tochter.) Leider sind HSK an den meisten Schulen einer Überstimulation ausgesetzt: Unterschiedlichste Lichtreize, Gerüche und oft auch räumliches Durcheinander belasten ein hochsensitives Kind den ganzen Schultag lang. Da kann es schon mal vorkommen, dass es schwierig wird, sich auf eine einzige Sache zu konzentrieren. Auch meiner hochsensiblen Tochter geht es immer wieder so. Da sie in der Regel immer sorgfältig und fehlerfrei arbeitet, ist bei Abfallen ihrer Leistung dies für die Lehrerin sofort ein Indiz, dass es in der Klasse zu laut, zu unordentlich oder auf sonstige Art die Leistungsfähigkeit störend ist. Für geräuschempfindliche Kinder liegen in dieser Klasse Lärmschutzkopfhörer für ein konzentriertes Arbeiten bereit. Die Lehrerin (die sehr vorbildlich arbeitet!) sorgt für genug frische Luft und Bewegung zwischendurch sowie für ein gegenseitig wohlwollendes Miteinander in der Klassengemeinschaft.


Die soziale Anpassung in der Klasse stellt für HSK oft eine große Herausforderung dar. Da sie wie auch erwachsene HSP sehr harmoniebedürftig sind, den anderen immer alles recht machen wollen, laufen sie unter Umständen auch Gefahr, ausgenutzt oder gar gemobbt zu werden. Auch bei meiner Tochter gab es dafür in der 2. Klasse einige Wochen lang Indizien. Mit gemeinsamen Gesprächen sowohl mit den involvierten Kindern als auch mit deren Eltern und der Lehrerin konnte das soziale Miteinander jedoch schnell wieder hergestellt werden.



Achtung: Bei manchen HSK führt die permanente Reizüberflutung in der Schule in Kombination mit einer Überforderung ihrer Leistungsfähigkeit und ihrer sozialen Fertigkeiten dazu, das Gefühl für sich selbst absolut zu verlieren. Dann reagieren auch hochsensitive Schulkinder unter Umständen mit Widerstand und Abwehr, Rückzug, psychosomatischen Beschwerden und/oder eventuell auch aggressivem Verhalten.

Tipp für Eltern: In einem solchen Fall sollte unbedingt professionelle Hilfe gesucht und in Anspruch genommen werden!


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